Stadt Friedrichsthal: Kein Jahresabschluss seit 2009!

Jede saarländische Gemeinde ist nach dem Kommunalselbstverwaltungsgesetz verpflichtet, zum Ende eines jeden Jahres einen Jahresabschluss mit ordnungsgemäßer Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben bei den Gemeindefinanzen aufzustellen – vergleichbar etwa mit einem Jahresabschluss bei einem Unternehmen. Der Abschluss muss nach dem Gesetz spätestens binnen  3 Monaten nach Ablauf des betreffenden Haushalts- und Rechnungsjahres aufgestellt werden. Die Vorbereitung bei der Aufstellung obliegt der jeweiligen Stadtverwaltung mit dem Bürgermeister an der Spitze. Rechnungsprüfungsausschüsse des Rats überprüfen die vorgelegte Gesamtrechnung und stichprobenartig einzelne Belege, um etwaige Unregelmäßigkeiten festzustellen. Der geprüfte Entwurf wird dann vom Stadtrat verabschiedet. So ist jedenfalls der ordnungsgemäße Ablauf gesetzlich vorgesehen, aber in einigen Kommunen ticken die Uhren etwas anders….

In der SZ wurde jüngst darüber berichtet, dass die Landeshauptstadt Saarbrücken für die Rechnungsperiode seit 2010 keinen Jahresabschluss verabschiedet hat. Die CDU-Fraktion im Saarbrücker Stadtrat hatte als Opposition moniert, dass die Verwaltung in der laufenden Legislaturperiode keine entsprechenden Entwürfe vorlegt, so dass der derzeitige Rat hierüber nicht mehr entscheiden kann.

Bei der Stadt Friedrichsthal ist die Situation noch schlimmer. Die bilanziell als erste saarländische Kommune überschuldete Stadt, der in Sachen „Überschuldung“ die rotregierte Landeshauptstadt auf Platz 2 nachfolgt, ist auch in Sachen „Verzögerung Jahresabschluss“ Spitzenreiter noch vor Saarbrücken: Hier gibt es für die ganze bisherige Legislaturperiode des Stadtrats seit 2009, die in diesem Sommer endet, noch keinen vom Rat geprüften und verabschiedeten Jahresabschluss ! Und zwar weil die Verwaltung unter SPD-Bürgermeister Rolf Schultheis bislang für die Jahre 2009 bis 2013 nichts vorgelegt hat, was man prüfen und verabschieden könnte ! 

Aus den Reihen des Stadtrats war wiederholt bei Bürgermeisdter Schultheis die notwendige Vorarbeit, d.h. die Vorlage der Entwürfe der Jahresabrechnungen, angemahnt worden. Ohne eine entsprechende Vorlage der Verwaltung kann die jeweilige Jahresrechnung nämlich weder vom zuständigen Rechnungsprüfungsausschuss geprüft noch vom Stadtrat beschlossen werden. Und zu prüfen gäbe es an Ausgaben, die der  Verwaltungschef in den letzten 5 Jahren getätigt hat, einiges…

Doch die Mahnungen blieben vergeblich, BM Schultheis legte nichts vor. Die CDU-Fraktionsvorsitzenden Anja Wagner-Scheid und Daniel Jung sowie der Vorsitzende der Fraktion „Bündnis Soziale Zukunft“, Manfred Klein, hatten auch die Kommunalaufsicht auf diesen rechtswidrigen Zustand aufmerksam gemacht.

Bürgermeister Schultheis hat bislang gegenüber dem Rat abgewiegelt und den rechtswidrigen Zustand damit zu entschuldigen versucht, dass die Ratshausverwaltung personell unterbesetzt und mit anderer Arbeit überlastet sei, so dass die Jahresrechnungen nicht fertig gestellt werden könnten.

„Das kann keine Entschuldigung sein, über eine ganze Legislaturperiode keine prüfbare Abrechnung vorzulegen“, meinen die CDU-Fraktionsvorsitzenden Anja Wagner-Scheid und Daniel Jung. „Jede Privatperson, die eine Steuererklärung abzugeben hat, muss diese von Gesetzes wegen – egal wieviel Arbeit sie hat – für das Vorjahr bis zum 31.5. oder – wenn sie einen Berater beauftragt – spätestens bis zum 31.12. des Folgejahres einreichen. Kapitalgesellschaften müssen ihren Jahresabschluss spätestens innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Rechnungsjahres aufstellen, Personenunternehmen spätestens bis Ende des Folgejahres. Bei nicht pünktlicher Vorlage drohen Schätzung bzw. Verspätungszuschläge. Da kann es nicht sein, dass die Stadtverwaltung für sich in Anspruch nimmt, die Frist um bis zu 4 Jahre zu überziehen ! Je mehr Zeit verstreicht und je weniger Zeit der Rat bis zum Ende der Legislaturperiode zur Verfügung hat, desto schwieriger wird auch eine Prüfung der Jahresabrechnungen. Mit ordnungsgemäßer Finanzverwaltung und Rechnungsführung hat dies nichts mehr zu tun!“

Zuletzt hatte Bürgermeister Schultheis im Januar im Finanzausschuss dem Rat mitgeteilt, er habe „Mehrarbeit“ angeordnet, damit die Jahresabschlüsse 2009 bis 2012 nun fertig gestellt werden könnten. „Das war richtig, erfolgt aber viel zu spät, abgesehen davon, dass bislang immer noch keine prüffähigen Abschlüsse vorliegen !“, kritisiert Jung das Vorgehen des Rathauschefs. „Selbst wenn jetzt bis März die 4 Rechnungen geballt vorgelegt werden sollten: Im Mai sind Neuwahlen für den Rat, im Juli tritt schon ein neuer Rat zusammen. Eine sorgfältige Prüfung der zu erwartenden umfänglichen Unterlagen durch Ausschuss und Rat wird in dieser kurzen Zeit kaum möglich sein. Bei dieser Sachlage kann man selbst bei Vorlage von Abschlussentwürfen meiner Meinung nach dem Bürgermeister für diese Jahre nicht guten Gewissens Entlastung erteilen.“ Die CDU-Fraktion will nun den – bislang beschäftigungslosen – Rechnungsprüfungsausschuss zu einer Sondersitzung einberufen lassen, um die Versäumnisse des Bürgermeisters und das weitere Vorgehen zu diskutieren.



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