Bürgermeister nimmt 1-Million-Kredit ohne Ratsbeschluss auf

Erst Ende Juni 2013 hatte der Stadtrat mehrheitlich Rolf Schultheis (SPD), dem Bürgermeister von Friedrichsthal, der ersten bilanziell überschuldeten saarländischen Kommune, wegen fehlendem Vertrauen und zur besseren Kontrolle der Ausgaben die Kompetenzen beschnitten: Während Schultheis zuvor über städtisches Vermögen bis zu 10.000 Euro frei ohne Mitwirkung von Stadtrat und Ausschuss verfügen durfte, wurde die Verfügungssumme vom Rat auf 5.000 Euro gekürzt.

Das scheint den Rathauschef, dem bis auf die SPD fast alle Fraktionen ein gestörtes Verhältnis zu seinem von den Bürgern gewählten Rat vorwerfen, wenig zu beeindrucken: Ende 2013 nahm Schultheis still und heimlich – ohne den Stadtrat oder die zuständigen Ratsausschüsse zu beteiligen – für die Stadt bei einer Bank einen neuen verzinslichen Kredit (mit Zinsen von 16.300 Euro pro Jahr beim derzeitigen Zinssatz von 1,63 %) über eine Million Euro (dem 200fachen seiner Verfügungssumme !) auf, um damit ein zum 31.12.2013 rückzahlbares zinsfreies Darlehen der Stadtwerke Friedrichsthal an den Städtischen Bäder-Eigenbetrieb zu tilgen. 

Den Rat informierte der Bürgermeister erst Anfang 2014 im Nachhinein und nur auf Nachfrage der CDU-Fraktion im Finanzausschuss, ob man denn nicht eine Kreditaufnahme zur Tilgung des Bädermillion-Darlehens benötige, dass er den Kredit längst alleine aufgenommen hatte. Auf die Kreditaufnahme, die Bank und die Zinskonditionen hatte der Rat daher nicht – wie sonst bei Kreditaufnahmen der Stadt – Einfluss nehmen können.

CDU-Fraktionsvorsitzender Daniel Jung forderte den Bürgermeister in der öffentlichen Stadtratssitzung im Januar 2014 auf, sein Vorgehen und das Übergehen des Rats bei der Kreditaufnahme zu rechtfertigen. Schultheis gab sich überrascht und zeigte sich keiner Kompetenzüberschreitung bewusst: Er sei berechtigt gewesen, das Darlehen alleine für die Stadt aufzunehmen, da es sich um eine „Umschuldung“ gehandelt habe und er nach einer Regelung in der Geschäftsordnung des Rats zu Umschuldungen befugt sei.

Nach der Regelung in der Geschäftsordnung, auf die er sich berief, ist er allerdings zur Vereinbarung von neuen Konditionen – einschließlich Umschuldung – nur im Rahmen bestehender Kreditverträge alleine berechtigt. Es ging aber erkennbar nicht um die Änderung von Konditionen eines schon bestehenden Kreditvertrages, etwa des Darlehensvertrages mit den Stadtwerken, sondern um die Aufnahme eines ganz neuen verzinslichen Kredits bei einem anderen Kreditgeber zur Ablösung des anderen – zinsfreien – Darlehens.

Daniel Jung von der CDU-Fraktion, von Beruf Rechtsanwalt, hält die Darlehensaufnahme für die Stadt Friedrichsthal über eine Million Euro durch den Bürgermeister alleine daher für rechtswidrig. „Es geht nicht um das Darlehen an sich. Das hätte der Rat auch aufnehmen müssen, um den Altkredit tilgen zu können. Aber es kann nicht sein, dass der Bürgermeister eigenmächtig seine Kompetenzen überschreitet, das von den Bürgern gewählte Entscheidungsorgan, den Rat, einfach übergeht und heimlich einen Millionenkredit aufnimmt ohne dass der Rat Einfluss nehmen kann, wo und zu welchen Konditionen solch ein Kredit aufgenommen wird. In einem privaten Unternehmen würde jeder, der nur Prokura bis 5000 Euro hat und einen Kredit über eine Million für die Firma aufnimmt ohne die Entscheidungsgremien zu involvieren, fristlos entlassen und bekäme ein Strafverfahren wegen Untreue an den Hals. Der Bürgermeister setzt seit langem den Anschein, dass er keinen Respekt vor dem Rat hat, aber auch für ihn gelten Recht und Gesetz !“ meint Jung.

Nachdem Schultheis Jung in der Ratssitzung anheim gestellt hatte, die Sache rechtlich überprüfen zu lassen, hat dieser nun die Kommunalaufsicht eingeschaltet: Unter dem Aktenzeichen SG 1.1/14-014/102/bm wird beim Landesverwaltungsamt nun geklärt, ob der SPD-Bürgermeister seine Kompetenzen überschritten hat.

Unterstützung bzw. Verständnis findet die Kommunalaufsichtsbeschwerde gegen Rolf Schultheis nicht nur bei der CDU-Fraktion, sondern auch bei anderen Ratsfraktionen: Karl-Heinz Morgenthal, früher Parteigenosse von Schultheis und jetzt Fraktionsvorsitzender der Fraktion „Die Zwei“ hielt gegenüber dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Jung die Beschwerdebegründung für nachvollziehbar und Jung´s Überprüfungswunsch für verständlich und legitim. Bündnis 90/Die Grünen wollen die Kompetenzfrage ebenfalls geklärt sehen. Manfred Klein, Fraktionsvorsitzender des Bündnisses Soziale Zukunft, unterstützt die Beschwerde ausdrücklich. Er kündigte an, die Amtsführung des Bürgermeisters auch in anderen Punkten durch die Kommunalaufsicht überprüfen zu lassen. U.a. rügte er, dass Schultheis den Rat über seine Vertretung der Stadt in den Zweckverbänden zum Teil nicht ordnungsgemäß informiere, die Interessen der Stadt in den Gremien der Zweckverbände bei bestimmten Punkten (z.B. in der Frage des Austritts der Stadt aus LIK Nord) nicht sachgerecht  wahrnehme, sondern – statt die Standpunkten/Beschlüsse des Stadtrats dort aktiv zu vertreten – seine abweichende private Meinung äußere.



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